Herbst 2004 (9.11.2004)
Ausgangssituation zu allen Aufgaben:
In der Jachert AG, einem Unternehmen der Hamburger Metallindustrie, arbeiten 450 Mitarbeiter. Es gibt bereits seit einigen Jahren einen Betriebsrat im Unternehmen.
Aufgabe 1 (18 Punkte)
Im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen erfolgen in der Jachert AG u.a. drei personelle Veränderungen:
- Der bisherige Betriebsleiter Bertram, der Prokura hat, geht in den Ruhestand. Als Nachfolger wir ein angesehener und erfahrener Fachmann angeworben, der die Stelle von Herrn Bertram übernehmen und Prokura erhalten soll.
- Der Facharbeiter Felix geht ebenfalls in den Ruhestand. Für drei Wochen soll sein Kollege, der Facharbeiter Schulz, die Stelle übernehmen, ohne dabei finanzielle Einbußen zu erleiden.
- Die Stelle von Herrn Felix soll im Anschluss mit dem Facharbeiter Jung besetzt werden, der nach Ableistung seines Wehrdienstes in die Jachert AG zurückkommen wird. (Anmerkung: Wehrdienst gab es bis 2011)
Der Betriebsrat macht ein Mitbestimmungsrecht in personellen Angelegenheiten geltend.
a) 14 Punkte
Begründen Sie unter Nennung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, welche Rechte der Betriebsrat in den drei Fällen jeweils geltend machen kann.
Gehen Sie dabei auf die Behauptung des Betriebsrates ein, er habe in allen drei Fällen ein Mitbestimmungsrecht.
b) 4 Punkte
Begründen Sie unter Nennung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, ob der Betriebsrat innerbetriebliche Stellenausschreibungen grundsätzlich verlangen kann.
Aufgabe 2 (12 Punkte)
Im Rahmen des Personalabbaus wird dem 35-jährigen Facharbeiter Jensen, der seit neun Jahren bei der Jachert AG beschäftigt ist, ordentlich gekündigt. Herr Jensen erhält das Kündigungsschreiben am 17. Oktober 2004.
Der Tarifvertrag verweist auf die gesetzlichen Kündigungsfristen.
a) 4 Punkte
Ermitteln Sie die einzuhaltende Kündigungsfrist und den Termin, zu dem Herr Jensen ausscheiden wird.
Nennen Sie auch die einschlägige gesetzliche Grundlage.
b) 2 Punkte
Herr Jensen hat aus der Presse von Veränderungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung erfahren.
- Welche Pflicht hat Herr Jensen gegenüber der Arbeitslosenversicherung?
- Welche Konsequenz könnte sich ggf. aus dem Nichtbeachten dieser Pflicht ergeben?
c) 2 + 4 Punkte
Für welchen Zeitraum erhält Herr Jensen Arbeitslosengeld?
Nennen Sie die einschlägige gesetzliche Bestimmung
Aufgabe 3 (16 Punkte)
Der Vorstand der Jensen AG beabsichtigt, ein neues Arbeitszeitmodell einzuführen. Bei der Jachert AG gibt es mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zum Thema Arbeitszeit.
a) 6 Punkte
Arbeitnehmer Arndt ist der Meinung, dass für ihn die Betriebsvereinbarung nicht bindend sei, da er kein Gewerkschaftsmitglied sei.
Erläutern Sie, ob diese Ansicht zutreffend ist.
b) 2 Punkte
Nennen Sie eine Möglichkeit, wie es der Geschäftsführung gelingen kann, die Betriebsvereinbarung zu beseitigen.
c) 6 Punkte
Erläutern Sie, was unter einem Jahresarbeitszeitkonto zu verstehen ist, und erklären Sie einen Vorteil, der sich hieraus für die Jachert AG ergeben könnte.
d) 2 Punkte
Nennen Sie die Einrichtung, die im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehen ist, sofern sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über die Ausgestaltung des Arbeitszeitmodells verständigen können.
Aufgabe 4 (11 Punkte)
Um flexibler vorgehen zu können, tritt die Jachert AG aus dem Arbeitgeberverband aus. Der Vorstand der Jachert AG weigert sich, mit der zuständigen Gewerkschaft Verhandlungen über den Abschluss eines Haustarifvertrages aufzunehmen. Der Haustarifvertrag soll den bisherigen Tarifvertrag, der ausgelaufen ist, ersetzen.
a) 5 Punkte
Erläutern Sie, ob die Gewerkschaft die rechtliche Möglichkeit hat, durch Streik einen Haustarifvertrag zu erzwingen.
b) 6 Punkte
Erläutern Sie, welche Regelung gelten wird, sofern kein Haustarifvertrag geschlossen würde.
Aufgabe 5 (27 Punkte)
Der Arbeitnehmer Wolfgang Lessing berichtet über die Arbeit bei der Jachert AG:
“Ich arbeite regelmäßig elf Stunden am Tag, dazu kommen noch vier kurze Pausen von jeweils zehn Minuten. Ich esse dann einen kleinen Happen neben der Maschine an meinem Arbeitsplatz, die ich weiterhin beaufsichtigen muss. Einen Pausenraum haben wir nicht. Ich wollte schon einmal mit dem Betriebsrat über die Arbeitszeitregelungen sprechen, aber dafür müsste ich ausstempeln, aber ich brauche das Geld.
Neulich habe ich ein Mitglied des Betriebsrates gesprochen und dieser gab mir den Ratschlag, wegen meiner starken Rückenschmerzen einmal zum Arzt zu gehen. Das wollte ich eigentlich nicht, weil ich mit meinen 20 Jahren noch kerngesund bin und in den letzten fünf Jahren nicht mehr beim Arzt war.
Die Arbeit macht mir Spaß, auch wenn sie manchmal nicht ganz ungefährlich ist. Die von der Berufsgenossenschaft vorgeschriebenen Sicherheitsschuhe habe ich mir deshalb gleich selbst gekauft, zumal der Arbeitgeber einen Zuschuss von 25 % des Kaufpreises, max. aber 10 Euro gewährt.”
a) 4 Punkte
Nennen Sie vier Gesetze oder Verordnungen, die den Arbeitsschutz durch den Arbeitgeber festschreiben.
b) 8 Punkte
Nennen Sie vier Verpflichtungen, die der Arbeitgeber hinsichtlich des betrieblichen Arbeitsschutzes übernehmen muss.
c) 15 Punkte
Überprüfen Sie anhand der Aussage von Herrn Lessing die Arbeitsbedingungen in der Jachert AG.
Stellen Sie hierzu drei Verstöße der Jachert AG den gesetzlichen Bestimmungen unter Nennung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen gegenüber.
Aufgabe 6 (14 Punkte)
In Ihrer Abteilung, in der Sie als Industriemeister tätig sind, gibt es grundsätzlich Diskussionen über die Urlaubsansprüche. In der Jachert AG gelten die gesetzlichen Urlaubsregelungen.
a) 4 Punkte
Der 30-jährige Facharbeiter Matthias Köhler möchte wissen, wie viele Tage sein gesetzlicher Jahresurlaubsanspruch beträgt.
Nennen Sie auch die einschlägige gesetzliche Grundlage.
b) 4 Punkte
Der 61-jährige Karsten Konrad scheidet am 30. August 2004 nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit aus der Jachert AG aus.
Wie viele Tage Urlaub stehen im zu?
Nennen Sie auch die einschlägige gesetzliche Grundlage.
c) 8 Punkte
Dem Facharbeiter Maier wurde am 15. September 2004 fristlos aufgrund einer schwerwiegenden Pflichtverletzung gekündigt. Urlaub hatte er im laufenden Jahr noch nicht erhalten.
Erläutern Sie, ob Herr Maier Urlaub zusteht und wie ggf. damit zu verfahren ist.
Nennen Sie auch hier die einschlägigen gesetzlichen Grundlagen.
Lösung Herbst 2004
Aufgabe 1
a) Die Auffassung des Betriebsrates ist unzutreffend:
- Bei dem Betriebsleiter handelt es sich um einen leitenden Angestellten, der kein Arbeitnehmer i.S.d. BetrVG ist (§ 5 III Nr. 2 BetrVG)
- Die dreiwöchige Übernahme der Arbeit von Herrn Felix durch Herrn Schulz dauert weniger als einen Monat und ist damit keine Versetzung i.S.d. § 95 III BetrVG.
- Die Rückkehr des Facharbeiters Jung ist keine Einstellung, da das Arbeitsverhältnis nicht neu begründet wird.
Somit besteht in allen drei Fällen kein Mitbestimmungsrecht (Vetorecht) im Sinne von § 99 BetrVG, sondern der Betriebsrat hat nur nach § 92 BetrVG ein Informationsrecht. Dies gilt auch im Fall 1 für den leitenden Angestellten (§ 105 BetrVG).
b) Ja, nach § 93 BetrVG.
Aufgabe 2
a) drei Monate zum Monatsende, also 31. Januar 2005 (§ 622 II Nr. 3 BGB)
b)
- Herr Jensen ist verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes seines Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden (§ 38 (1) SBG III).
- Unterlässt er dieses, mindert sich sein Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 148 SBG III).
c) zwölf Monate (§ 147 II SGB III)
Aufgabe 3
a) Nein, nach § 77 IV BetrVG gilt eine Betriebsvereinbarung unmittelbar und zwingend für alle Arbeitnehmer.
b) Kündigung, Verhandlungen, eventuell Einigungsstelle, Abschluss einer neuen Vereinbarung (Anmerkung: eine Möglichkeit reicht aus)
c) Bei Jahresarbeitszeitkonten-Modellen wir die individuelle Arbeitszeit des Arbeitnehmers an die betriebliche Auftragslage angepasst. Wenn viel zu tun ist, wird viel gearbeitet; in auftragsschwächeren Zeiten wird die angesammelte Arbeitszeit “abgebummelt”. Die Vorteile für die Arbeitgeberseite liegen u.a. in der Ersparnis von (tariflichen) Mehrarbeitszuschlägen und einer größeren Autonomie gegenüber dem Betriebsrat, der bei Arbeitszeitregelungen ein Mitbestimmungsrecht besitzt.
d) Einigungsstelle (§ 76 BetrVG)
Aufgabe 4
a) Streiks sind rechtlich zulässig, da keine Friedenspflicht mehr besteht.
b) Der alte Tarifvertrag gilt weiter; die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der alte Tarifvertrag endet (Nachwirkung, § 4 III TVG).
Aufgabe 5
a)
- BetrVG
- BGB
- JArbSchG
- MuSchG
- SGB VII
- ArbSchG
- …
b)
- Stellung der persönlichen Schutzausrüstung
- Bestellung von Betriebsärzten/Sicherheitsfachkräften/Sicherheitsbeauftragten usw.
- Bildung von entsprechenden Ausschüssen
- sichere Betriebsanlagen
- Unterrichtung und Belehrung über den Arbeitsschutz
- medizinische Vorsorgeuntersuchungen
- …
c)
Regelung bei der Jachert AG gesetzliche Regelung Arbeitszeit 11 Stunden am Tag i.d.R. 8 Stunden (§ 3 ArbZG) vier kurze Pausen a 10 Minuten mindestens 15-minütige Pausen, Gesamtdauer von 30 Minuten (bis 9 Stunden Arbeitszeit) bzw. 45 Minuten (mehr als 9 Stunden Arbeitszeit) (§ 3 ArbZG) Pause an der Maschine aufgrund des fehlenden Pausenraumes Pause darf nicht an der laufenden Maschine genommen werden (Gemäß Anhang 4.2 Abs. 1 ArbStättV) (Detaillierte Infos zu Pausenräumen) Besuch der Betriebsratssprechstunde zählt nicht als Arbeitszeit Besuch der Betriebsratssprechstunde zählt als Arbeitszeit (§ 39 III BetrVG) Der 20-jährige Lessing vor in den letzten fünf Jahren nicht mehr beim Arzt. Jugendliche müssen zur ärztlichen Erst- bzw. Nachuntersuchung (§§ 32 f JArbSchG) Die persönliche Schutzausrüstung wird größtenteils vom Arbeitnehmer finanziert. Persönliche Schutzausrüstung muss vom Arbeitgeber gestellt werden (Verstoß gegen § 3 ArbSchG)
Aufgabe 6
a) 24 Werktage (§ 3 I BUrlG)
b) Voller Jahresurlaub von 24 Werktagen (§ 5 I c BUrlG)
c) Voller Jahresurlaub von 24 Werktagen (§ 5 I c BUrlG), der Urlaub ist wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten (§ 7 IV BUrlG).
Frühling 2015
Die Roland AG in Bremen ist ein inhabergeführtes mittelständisches Familienunternehmen. Es werden 120 Arbeitnehmer in Vollzeit und zusätzlich 20 Arbeitnehmer in Teilzeit sowie acht Auszubildende beschäftigt.
Es besteht ein Betriebsrat. Das Unternehmen ist tarifgebunden.
Aufgabe 1 (18 Punkte)
Aufgrund der guten Auftragslage benötigt das Unternehmen zusätzliche Mitarbeiter in der Montageabteilung.
a) (3 Punkte)
Nennen Sie drei Vertragsverhältnisse, die eine kurzfristige Personalreduzierung bei einem erheblichen Rückgang der Aufträge ermöglichen.
b) (9 Punkte)
Geben Sie an, innerhalb welcher Fristen die folgenden Arbeitsverhältnisse gekündigt werden können, und nennen Sie die Rechtsgrundlagen:
- Mit der 32-jährigen Thea Schulze wurde vor zwei Monaten ebenfalls ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geschlossen. Es wurde eine dreimonatige Probezeit vereinbart.
- Mit dem 45-jährigen Bernd Müller wurde vor fünf Monaten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen.
- Mit dem 26-jährigen Fabian Jung wurde vor drei Jahren gleichfalls ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geschlossen.
c) (6 Punkte)
Erläutern Sie, unter welchen Voraussetzungen das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, und nennen Sie die Rechtsgrundlagen.
Aufgabe 2 (13 Punkte)
Der Industriemeister Olaf Steiner wurde als Mitglied des Betriebsrates in den Arbeitsschutzausschuss gewählt.
a) (2 Punkte)
Nennen Sie die Aufgabe, mit der sich der Arbeitsschutzausschuss zu befassen hat. Nennen Sie auch die gesetzliche Grundlage.
b) (1 Punkt)
Geben Sie an, wie oft der Arbeitsschutzausschuss im Jahr tagt.
c) (5 Punkte)
Nennen Sie die im Arbeitsschutzausschuss tätigen Personen.
d) (5 Punkte)
Erläutern Sie in fünf Schritten, wie der Arbeitgeber bei der Unfallverhütung vorzugehen hat.
Aufgabe 3 (20 Punkte)
Während der Semesterferien beschäftigt das Unternehmen regelmäßig für volle drei Monate Studenten des Studienganges Maschinenbau in Vollzeit (Montag bis Samstag).
a) (4 Punkte)
Begründen Sie, ob für derartige Aushilfsarbeitsverhältnisse besondere Kündigungsfristen vereinbart werden können, und nennen Sie die gesetzliche Grundlage.
b) (4 Punkte)
Berechnen Sie, welchen gesetzlichen Urlaubsanspruch die Studenten haben, und geben Sie die Rechtsgrundlage an.
c) (8 Punkte)
Der Student Müller, der seit zwei Wochen bei dem Unternehmen Roland AG beschäftigt ist, rutscht in der Toilette auf den Fliesen aus und verletzt sich den Arm. Er wird für eine Woche arbeitsunfähig geschrieben.
Erläutern Sie, wer die Behandlungskosten übernehmen muss und durch wen sein Einkommen in dieser Woche gesichert ist.
d) (4 Punkte)
Nach sechs Wochen rutscht Student Müller beim Einkaufen erneut aus und bricht sich dabei sein Bein. Er wird für drei Wochen arbeitsunfähig geschrieben.
Begründen Sie, durch wen sein Einkommen während dieser drei Wochen gesichert wird. Nennen Sie die gesetzliche Grundlage.
Aufgabe 4 (8 Punkte)
Der Geschäftsführer der Roland AG beabsichtigt, aus dem Arbeitgeberverband auszutreten. Er ist der Ansicht, dass die Tarifverträge mit dem Austritt keine Anwendung mehr finden.
a) (4 Punkte)
Begründen Sie, ob seine Auffassung richtig ist.
b) (4 Punkte)
Erläutern Sie, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, einem Arbeitnehmer, der nicht Mitglied der Gewerkschaft ist, die tariflichen Leistungen zu gewähren. Nennen Sie auch die gesetzlichen Grundlagen.
Aufgabe 5 (13 Punkte)
Der Aushilfsmitarbeiter Tomislav Janetzki bewirbt sich bei der Roland AG und reicht seine Bewerbungsmappe inklusive Lebenslauf ein. Nach einem Vorstellungsgespräch wird er eingestellt. Nach sechs Monaten wird er von dem Prokuristen Ingo Müller zu einem Deutsch-Sprachkurs geschickt, weil er nach Auffassung seines Vorgesetzten wiederholt ihm mündlich erteilte Anweisungen missverstanden hat und es dadurch erst kürzlich zu einem “Beinaheunfall” gekommen ist. Herr Janetzki weigert sich, an einer solchen Maßnahme teilzunehmen, mit der Begründung, sein Vorarbeiter habe Vorurteile gegen ihn.
a) (4 Punkte)
Geben Sie an, ob für die von einem Bewerber eingereichten Daten das Bundesdatenschutzgesetz Anwendung findet, und nennen Sie die gesetzliche Grundlage.
b) (4 Punkte)
Nennen Sie zwei mögliche Daten, die aus dem Lebenslauf von Herrn Janetzki nicht gespeichert werden dürfen, und begründen Sie dies.
c) (2 Punkte)
Nennen Sie zwei Möglichkeiten, wie der Arbeitgeber angemessen auf diese Weigerung reagieren kann.
d) (3 Punkte)
Begründen Sie, womit der Aushilfsarbeiter bei beharrlicher Weigerung rechnen muss.
Aufgabe 6 (8 Punkte)
Im Rahmen einer betriebsinternen Schulung wird den Auszubildenden erklärt, dass zum umweltbewussten Handeln an erster Stelle die Müllvermeidung gehört, sodann die Wiederverwendung und erst als letzte Alternative die ordnungsgemäße Entsorgung.
a) (1 Punkt)
Nennen Sie das Gesetz, dass die Müllvermeidung, Wiederverwendung und Entsorgung regelt.
b) (3 Punkte)
Nennen Sie drei weitere Gesetze bzw. Verordnungen, die mit dem Umweltschutz im Zusammenhang stehen.
c) (4 Punkte)
Nennen Sie vier Prinzipien des Umweltschutzes.
Aufgabe 7 (20 Punkte)
Dem Ersatzmitglied des Betriebsrates, Zerspanungsmechaniker Felix Möller, ist bekannt, dass Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossen werden. Zu diesem Thema möchte er mehr erfahren, weswegen er sich an Sie wendet.
a) (5 Punkte)
Nennen Sie fünf Angelegenheiten, die in Betriebsvereinbarungen geregelt werden können.
b) (5 Punkte)
Das Unternehmen möchte eine Betriebsvereinbarung über Entgelt mit dem Betriebsrat schließen, obwohl hierüber bereits von der zuständigen Gewerkschaft und dem Arbeitgeberverand ein Tarifvertrag abgeschlossen wurde.
Erläutern Sie die Zulässigkeit dieser Maßnahme und nennen Sie die Rechtsgrundlage.
c) (2 Punkte)
Erläutern Sie die Formvorschrift, die bei dem ordnungsgemäßen Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu beachten ist, unter Nennung der gesetzlichen Grundlage.
d) (4 Punkte)
Begründen Sie, welches Gericht bei Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber örtlich und sachlich zuständig ist.
e) (4 Punkte)
Herr Möller möchte nach einigen Monaten Einsicht in seine Personalakte nehmen, um festzustellen, ob der Arbeitgeber seine Daten ordnungsgemäß gespeichert hat.
Begründen Sie, ob Herr Möller seine Personalakte zusammen mit einem Mitglied des Betriebsrates einsehen darf.
Lösung Frühjahr 2015
Aufgabe 1
a)
- befristetes Arbeitsverhältnis mit Sachgrund
- befristetes Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund
- Leiharbeitsverhältnis
b) Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann gemäß § 622 Abs. 3 BGB während einer vereinbarten Probezeit (längstens für die Dauer von sechs Monaten) unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
Ohne Vereinbarung einer Probezeit beträgt die Kündigungsfrist bei unbefristeten Arbeitsverträgen innerhalb der ersten zwei Jahren vier Wochen jeweils zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats (§ 622 Abs. 1 BGB)
Die Kündigungsfrist beträgt gemäß § 622 II Satz 1 Nr. 1 BGB ein Monat zum Ende des Kalendermonats.
[Hinweis alte Prüfungsaufgabe: Vor 2019 gab es im § 622 II BGB einen Satz 2 mit folgendem Wortlaut: “Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.” Dieser zweite Satz wurde ersatzlos gestrichen!]
c) Das Unternehmen muss mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigen (§ 23 KSchG) und der zu Kündigende muss zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung länger als sechs Monate bei dem Unternehmen beschäftigt sein, § 1 I KSchG.
Weiter Infos zum Kündigungsschutz bei Kleinunternehmen und Berechnungsbeispiele
Aufgabe 2
a) Der Arbeitsschutzausschuss hat die Aufgabe, Anliegen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beraten (§ 11 ASiG)
b) Der Arbeitsschutzausschuss tritt mindestens einmal vierteljährlich zusammen.
c) Der Arbeitsschutzausschuss setzt sich aus folgenden Personen zusammen:
- Der Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person
- zwei Personen aus dem Betriebsrat
- Betriebsarzt
- Fachkräfte für Arbeitssicherheit
- Sicherheitsbeauftragter
d) z.B.:
- Ermittlung der Gefahrenquellen durch qualitative und quantitative Erfassung
- Analyse der Ursache von Gefahren
- Bestimmung des Schutzzieles
- Planung und Durchführung von Schutzmaßnahmen
- Kontrolle der durchgeführten Maßnahmen
Aufgabe 3
a) Einzelvertraglich kenan eine kürzere als die in § 622 Abs. 1 BGB genannte Kündigungsfrist vereinbart werden, wenn ein Arbeitgeber nur zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist und das Arbeitsverhältnis nicht über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird (§ 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BGB)
b) sechs Werktage = drei volle Monate Beschäftigung à zwei Werktage (§ 3 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1b BurlG)
c) Die Behandlungskosten werden nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung übernommen, weil es sich nicht um einen Arbeitsunfall handelt. Es fehlt an einem hinreichenden betrieblichen Bezug. Die Krankenversicherung kommt für die Behandlungskosten auf. Die Krankenkasse zahlt Krankengeld für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit.
d) Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht nach Bestehen eines vierwöchigen ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses (§ 3 III EntgFG). Müller erhält für die Dauer von drei Wochen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Aufgabe 4
a) Die Auffassung des Geschäftsführers ist nicht richtig, da die Tarifgebundenheit erst mit Beendigung des Tarifvertrages entfällt.
b) Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, diesem Arbeitnehmer die tariflichen Leistungen zu gewähren, da in diesem Fall keine Tarifbindung besteht. Etwas anderes gilt nur, wenn der Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt wurde. (§ 3 I TVG, § 5 I TVG)
Aufgabe 5
a) Ja, nach § 26 Abs. 8 S. 2 BDSG zählen Bewerber zu den Beschäftigten, die unter die Anwendung des BDSG fallen.
b) z.B.:
- Hobbys
- Namen der Eltern
- Anzahl der Geschwister
- schulischer Werdegang
da diese Daten für das Arbeitsverhältnis ohne Bedeutung sind.c)
- Führen eines Kritikgespräches des Arbeitgebers (Prokuristen) mit dem Aushilfsarbeiter Janetzi
- Abmahnung mit Kündigungsandrohung im Wiederholungsfall
d) Bei beharrlicher Weigerung muss der Aushilfsarbeiter Janetzki mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.
Aufgabe 6
a) Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (genauer: Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen)
b) z.B.:
- Wasserhaushaltsgesetz
- Abwasserverordnung
- Bundesimmisionsschutzgesetz
- Bundesnaturschutzgesetz
- Landesnaturschutzgesetz
- Strafgesetzbuch
- Abwassergesetz
c) z.B.:
- Verursacherprinzip
- Gemeinlastprinzip
- Vorsorgeprinzip
- Kooperationsprinzip
- Subsidiaritätsprinzip
[Hinweis: Zu den Prinzipien gab es schon oft Fragen!]
Aufgabe 7
a) z.B.:
- Fragen der betrieblichen Ordnung
- Regelungen, die die Arbeitszeit betreffen
- Pausenregelungen
- Regelungen der betrieblichen Lohngestaltung
- Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen
- Teilnahme an betrieblichen Bildungsmaßnahmen
b) Eine solche Betriebsvereinbarung darf nicht geschlossen werden. Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein (§ 77 III Satz 1 BetrVG). Ausnahme: Der Tarifvertrag enthält eine Öffnungsklausel, § 77 III Satz 2 BetrVG.
c) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen § 77 II BetrVG
d) Bei betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus § 82 ARbGG (Arbeitsgericht im Bezirk des Betriebes). Die sachliche Zuständigkeit im Beschlussverfahren ergibt sich aus § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG.
Hinweis für den Korrektor: Zulässig ist als Antwort auch die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes Bremen-Bremerhaven.
e) Nach § 83 I BetrVG hat er ein Einsichtsrecht in die über ihn geführten Personalakten und kann hierzu ein Mitglied des Betriebsrates hinzuziehen.